Es hätte wohl niemand besser auf den Punkt bringen können: „Die Reform will dort sparen, wo das System ohnehin schon die grössten Schwächen aufweist und die Rentenungleicheit zwischen tiefen und hohen Einkommen wird erhöht.“, so Gabriela Medici, Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und erteilt damit der Reformvorlage AHV 21 eine saftige Absage. Anlässlich der gestrigen Jahresveranstaltung von ArbeitAargau hielt sie ein spannendes Referat zum geplanten AHV-Abbau und überzeugte damit auf ganzer Linie.
Die aktuelle Situation in der Altersvorsorge zeigt auf, wie wichtig eine starke AHV für die Renter:innen ist, denn in den meisten Haushalten ist die AHV nach wie vor die Haupteinnahmequelle. Gleichzeitig sind wir mit einer massiven Teuerung und stetig steigenden Krankenkassenprämien konfrontiert, sodass ein Kaufkraftverlust in der Höhe einer ganzen Monatsrente droht. Am 25. September 2022 stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung jedoch über die Abbauvorlage AHV 21 ab. Diese sieht zum einen eine einseitige Rentenkürzung für Frauen vor, obwohl Frauen ohnehin schon aufgrund der ungleichen Verteilung der Erwerbschancen, Teilzeitarbeit und der Einkommensdifferenz rund einen Drittel weniger Rente erhalten als Männer. Zum anderen öffnet die Reform AHV 21 Tür und Tor für weitere Abbaumassnahmen: Eine Rentenaltererhöhung auf 67 Jahre für alle ist bereits heute geplant, darüber soll in zwei Jahren diskutiert werden, falls die Reformvorlage AHV 21 angenommen wird. Die prekären Chancen für ältere Arbeitnehmende auf dem Arbeitsmarkt werden dabei völlig verkannt, denn bereits heute sind ein Jahr vor der Pensionierung nur noch knapp die Hälfte der Frauen und Männer erwerbstätig. Hinzu kommt dann auch noch eine Mehrwertsteuererhöhung um 0.4 Prozentpunkte, die uns alle noch mehr zahlen lässt. Und das alles, obwohl die AHV schwarze Zahlen schreibt und trotz der demographischen Entwicklung auch in 10 Jahren noch ein Milliardenvermögen aufweisen wird.
Dieser Rundumabriss macht klar, die Reform AHV 21 muss verhindert werden. Es gibt bessere und insbesondere sozialverträglichere Möglichkeiten, um gute AHV-Renten für alle zu finanzieren. Mit einer 13. AHV-Rente kann die Rentensituation verbessert und der Zerfall der Pensionskassengelder ausgeglichen werden. Mit den Milliardengewinnen der Schweizerischen Nationalbank kann in die Altersvorsorge investiert werden, ohne dass die Arbeitnehmenden weiter belastet werden. Diese Lösungen müssen jetzt zwingend weiterverfolgt werden. Die AHV ist eine unserer wichtigsten und besten Sozialversicherungen. Wir sollten sie stärken und ausbauen, anstatt mit Abbaumassnahmen eine der wichtigsten sozialen Errungenschaft der Schweiz zu schwächen.
ArbeitAargau hat die Nein-Parole zur Steuergesetzrevision gefasst und im Hinblick auf die Abstimmungen am 15. Mai 2022 eine Podiumsdiskussion dazu organisiert. Geleitet und moderiert wurde sie von Mathias Küng, als Befürworter:innen waren Maya Bally, Grossrätin Die Mitte und Peter Gehler, Vizepräsident AIHK und VR-Vizepräsident der Siegried auf dem Podium, während auf der gegnerischen Seite Carol Demarmels, Grossrätin SP und Finanzmathematikerin sowie Reto Wyss, Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes standen.
Tunnelblick auf Steuerbelastung ist unzureichend!
Die Diskussion auf dem Podium war belebt und teilweise hitzig, aber stets auf sehr hohem Niveau. Der wohl wichtigste und auch folgenschwerste Aspekt der Steuergesetzrevision wurde sogleich zu Beginn in Angriff genommen: Die sukzessive Senkung der Firmensteuern ab einem Gewinn von Fr. 250‘000.- von 18.6 auf 15.1 Prozent. Bally und Gehler waren klar der Ansicht, die Senkung der Gewinnsteuern für die Unternehmen sei spätestens seit der STAF-Abstimmung ein längst überfälliger Schritt und da die Kantonsfinanzen heute eine entsprechende Senkung zuliessen, könne der Zeitpunkt einer Revision sowohl für die Unternehmen als auch für die natürlichen Personen nicht besser gewählt sein. Weiter wurde angeführt, der Kanton Aargau sei punkto Standortattraktivität aufgrund der aktuellen Steuerbelastung im Vergleich mit den anderen Kantonen auf den hintersten Plätzen, weshalb der Handlungsbedarf gross sei. Demarmels und Wyss wehrten sich entschieden gegen diese Argumentation, der Tunnelblick auf den Steuersatz sei unzureichend, der Kanton Aargau schneide in aktuellen Studien zur Standortattraktivität sehr gut ab. Demarmels betonte in diesem Zusammenhang, dass insbesondere bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels und der Jugendarbeitslosigkeit angesetzt und eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf angestrebt werden müsse, um den Wirtschaftsstandort Aargau weiter zu stärken. „Ausschlaggebend ist dabei die Berücksichtigung von verschiedenen Standortfaktoren in einem ausgeglichenen Mix. Diesem Gesamtpaket muss Sorge getragen werden, anstatt durch Steuergeschenke den Kanton seiner Handlungsfähigkeit zu berauben.“, ergänzte Wyss. Bally konnte ihren Diskussionsgegner:innen zwar dahingehend zustimmen, dass auch andere Standortfaktoren zu berücksichtigen seien, dieses Gesamtpaket aber erst dann ins Lot komme, wenn auch die Steuerbelastung abnehme. Gehler entgegnete zudem, dass aufgrund der dynamischen Effekte mit mehr Steuereinnahmen gerechnet werden könne: „Diese Steuergesetzrevision ist enorm wichtig für den Kanton Aargau, ansonsten verliert er doppelt und dreifach an Steuergeldern.“ Dass die dynamischen Effekte wie prognostiziert eintreffen werden, bezweifelte Demarmels stark: „Nach der letzten Steuersenkung waren die Reservekassen leer und es wurden Abbaumassnahmen ergriffen. Dass der Kanton heute derart gewinnstarke Abschlüsse vorweisen kann, liegt nicht etwa an höheren Steuereinnahmen, sondern hängt vielmehr damit zusammen, dass die Ausgaben massiv weggekürzt wurden.“ Deshalb sei es so wichtig, in einem nächsten Schritt diese Kürzungen wieder rückgängig zu machen, anstatt das zerstörerische Steuerdumping weiter voranzutreiben.
Erhöhung des Versicherungsabzuges als pseudosoziale Familienpolitik
In einem zweiten Schritt wurde die Erhöhung des Pauschalabzuges für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen um 50 Prozent diskutiert. Demarmels und Wyss bezeichneten die Erhöhung des Versicherungsabzuges als pseudosoziale Familienpolitik, da auch hier nur die Besserverdienenden effektiv profitieren können. Viel mehr Handlungsbedarf sahen sie bei der individuellen Prämienverbilligung (IPV). „Die Prämienbelastung hat sich verdoppelt, während die Investitionen in die IPV halbiert wurden!“, empörte sich Wyss. Bally und Gehler hingegen betonten, dass der aktuelle Pauschalabzug seit über 20 Jahren unverändert blieb, während die Prämienlast enorm stark anstieg – eine entsprechende Anpassung sei daher angezeigt. „Niedrigverdienende werden im Kanton Aargau bereits relativ umfassend entlastet, jetzt ist es an der Zeit, dass auch der Mittelstand berücksichtigt wird.“, betonte Bally. Wyss entgegnete, dass aufgrund der aktuellen Krisensituation mit einer Inflation von 2 Prozent und einem Prämiensprung von 5 bis 10 Prozent gerechnet werden muss, dies bedeute Mehrausgaben von bis zu Fr. 3‘000.- pro Familie. Es sei ein riesiges Problem – nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Wirtschaft, da die Kaufkraft dadurch sinke.
„Die Gemeinden werden auf die Welt kommen!“
Eine weitere wichtige Frage stellt sich für die Gemeinden: Was bedeutet die Steuergesetzrevision für die kommunalen Kassen? Selbstverständlich schieden sich auch hier die Geister, denn während Gehler beschwichtigte, die Gemeinden seien die letzten, die schlecht wegkommen könnten, schlug Wyss Alarm, denn diese würden erst recht „auf die Welt kommen“. Demarmels betonte, die Ausgleichszahlungen seien reine Augenwischerei und wies darauf hin, dass die natürlichen Personen mit höheren Steuerfüssen und höheren Gebühren rechnen müssen. Bally hingegen erklärte, dass es immer schon Gemeinden mit strukturellen Problemen gab: „Diese strukturellen Probleme bleiben bestehen, unabhängig von einer allfälligen Steuergesetzrevision. Dafür gibt es den Finanz- und Ressourcenausgleich.“
Demokratiefeindliche Vorlage und taktisches Kalkül?
Ein Dorn im Auge ist ausserdem für Viele, dass die Senkung der Firmensteuern zusammen mit dem Versicherungsabzug in eine Vorlage verpackt wurde. Gehler meinte, es handle sich um ein komplexes Gesamtwerk, das zwingend zusammengehöre, gerade auch aufgrund der Ausgleichszahlungen an die Gemeinden und Bally argumentierte, dass es sich um eine ausgeglichene Vorlage handelt, mit Vorteilen für die Unternehmen, aber auch für die Privaten – die Einheit der Materie sei ausserdem gewahrt. Demarmels und Wyss hingegen bezeichneten die Zusammenführung in eine Vorlage als taktischer Streich der Bürgerlichen, was demokratiefeindlich sei, denn man nehme der Bevölkerung die Möglichkeit, sich getrennt über die Firmensteuer und den Pauschalabzug zu äussern.
Zum Glück hat das Aargauer Stimmvolk das letzte Wort
Abschliessend lässt sich eines mit Sicherheit feststellen: Die Podiumsteilnehmer:innen wurden sich bis am Schluss bei weitem nicht einig und hätten die Diskussion wohl noch über Stunden fortsetzen können. Zum Glück hat die Aargauer Stimmbevölkerung das letzte Wort und wird am 15. Mai 2022 darüber entscheiden, ob es sich um eine massvolle und ausgewogene Vorlage handelt, die zwei verschiedene Missstände behebt oder ob wir es vielmehr mit einem Aargauer Steuer-Bschiss zu tun haben, für den alle Aargauer:innen bezahlen müssen und zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stillstand führen wird. Die Haltung von ArbeitAargau ist klar, diese Vorlage beruht auf einer unzureichenden Milchbüchlirechnung, die dem Kanton kein mehr Handlungsspielraum lässt, den Arbeitnehmenden und der Wirtschaft schadet und deshalb verhindert werden muss.
Der gestrige Abend stand ganz im Zeichen der kommenden Abstimmung zur Steuergesetzrevision. ArbeitAargau macht sich als Teil des Nein-Komitees gegen die Vorlage stark und hat anlässlich der gestrigen Delegiertenversammlung die drohende Steuergesetzrevision mit den wichtigsten Gegenargumenten thematisiert.
Das Eintreffen der dynamischen Effekte ist reines Glaskugellesen.
Grüne Grossrätin Mirjam Kosch wurde eingeladen, um den Delegierten die Steuervorlage vorzustellen und gleichzeitig die desaströsen Folgen einer etwaigen Annahme der Gesetzesänderung aufzuzeigen. Kosch legte überzeugend dar, dass einerseits nur Gutverdienende von der Erhöhung des Pauschalabzuges und andererseits nur 5% der ohnehin schon erfolgreichsten Grossunternehmen von der Reduktion des Unternehmenssteuertarifs profitieren werden, die grossen Verlierer:innen sind die Aargauer Bürger:innen sowie die Gemeinden, die KMU gehen leer aus. Durch die massiven Steuerausfälle – welche Kosch bis ins Jahr 2030 mit bis zu 2 Milliarden Franken beziffert – drohen Steuerfusserhöhungen für die natürlichen Personen auf Gemeindeebene sowie diverse Abbau- und Sparmassnahmen im Service Public. «Das Eintreffen der dynamischen Effekte gleicht einer Mär, während die Liste der drohenden Sparmassnahmen schier endlos wirkt», stellt Kosch fest und kritisiert das Darstellen der prophezeiten Firmenzuzüge als Faktum scharf. Es sei eine reelle Gefahr, dass die erhofften positiven Entwicklungen nicht eintreffen – dieses Risiko sei insbesondere in unsicheren Kriegs- und Pandemiezeiten, wie wir sie aktuell erleben, erhöht.
Der Aargau droht an sozialer und wirtschaftlicher Attraktivität zu verlieren!
Die Steuerbelastung ist nur ein Faktor unter vielen, der einen Standort wirtschaftlich attraktiv macht. Eine funktionierende Infrastruktur, gute Erreichbarkeit, moderate Mietpreise, genügend Produktionsflächen, innovationsfördernde Institutionen, gut und spezifisch ausgebildetes Personal und Fachkräfte aber auch ein kulturell vielfältiges Angebot sowie genügend Kitaplätze und günstige Lebenshaltungskosten dürfen als genauso wichtige Faktoren nicht unterschätzt werden. Dieser Tatsache muss endlich Rechnung getragen werden und dazu muss der Kanton aktiv werden und endlich Investitionen tätigen. Kosch fordert deshalb beispielsweise Ausbildungsoffensiven, Unterstützung der Jugendlichen, flächendeckende Tagesstrukturen und Integrationsmassnahmen als sinnvolle Massnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Aargau. Der Kanton muss bessere Rahmenbedingungen schaffen – davon können alle profitieren, die Unternehmen und die Arbeitnehmenden. Wenn jedoch diese Steuergesetzrevision tatsächlich umgesetzt werden sollte, fehlt das Geld dafür. Der Kanton verbaut sich jegliche Investitionsmöglichkeiten und verliert somit nicht nur an sozialer, sondern auch an wirtschaftlicher Attraktivität.
Im Vorstand werden zwei neue Mitglieder willkommen geheissen.
Wie jedes Jahr wurden auch die statutarischen Geschäfte abgehandelt und es war für alle Anwesenden eine Ehre, von der amtierenden Nationalratspräsidentin durch die Versammlung begleitet zu werden. Zusätzlich mussten zwei Mitglieder aus dem Vorstand verabschiedet werden: Manfred Dubach (alv) und Lelia Hunziker (VPOD) gaben ihren Rücktritt bekannt. Ihr langjähriger Einsatz im Vorstand von ArbeitAargau wurde herzlich verdankt. Einstimmig und unter Applaus haben die Delegierten anschliessend ihre Nachfolgerinnen gewählt: Simone Jacot für den alv und Sina Deiss für den VPOD. ArbeitAargau freut sich auf die Zusammenarbeit mit den neuen Vorstandsmitgliedern.
Der Vorstand hat die Abstimmungsparolen zum 15. Mai 2022 gefasst!
Zum Schluss der Versammlung werden die Anwesenden über die vom Vorstand bereits gefassten Abstimmungsparolen zum 15. Mai informiert. Zur Änderung des Filmgesetztes wurde die Ja-Parole gefasst, weil der Vorstand überzeugt ist, dass dies für die Schweizer Filmkultur eine enorme finanzielle Unterstützung bedeutet, was sich auch auf die Schauspieler:innen positiv auswirkt, weil inländische Arbeitsplätze von ansässigen Fimschaffenden dadurch unterstützt und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Weil die Gewährleistung von sicheren und menschenwürdigen Flüchtlingswegen im internationalen Kontext ein wichtiges gewerkschaftliches Thema ist, hat der Vorstand die Nein-Parole zur Frontex-Vorlage ergriffen. Des Weiteren begrüsst ArbeitAargau, dass neu ein Instrument geschaffen wird, um ein Behördenmitglied bei grobem Fehlverhalten oder bei schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen des Amtes zu entheben, weshalb der Vorstand die Ja-Parole zur Amtsenthebungsinitiative beschlossen hat. Wichtig ist dabei jedoch, dass das Instrument der Amtsenthebung nicht missbraucht wird und nur unter strengen Voraussetzungen angewandt werden kann. Zu guter Letzt wurde vom Vorstand auch die Nein-Parole zur Steuergesetzrevision beschlossen. Diese Parole wurde durch die Delegierten anlässlich der gestrigen Versammlung symbolisch bestätigt.
ArbeitAargau setzt sich für die Pflegeinitiative ein und hat im Hinblick auf die Abstimmungen am 28. November 2021 eine Podiumsdiskussion zur Pflegeinitiative organisiert. Gestern Abend haben sich rund 100 Personen im Kultur- und Kongresshaus in Aarau eingefunden, um die Podiumsdiskussion mitzuverfolgen. Unter den Anwesenden waren viele interessierte Stimmberechtigte, aber auch einige Mitglieder der Gesundheitsverbände SBK, VPOD und SHV und somit direkt betroffene Arbeitnehmer:innen anzutreffen.
Die Anwesenden wurden durch die Präsidentin Irène Kälin begrüsst, wobei insbesondere die Podiumsteilnehmer:innen willkommen geheissen wurden: Als Verfechterinnen des Gegenvorschlages waren Ruth Humbel, Nationalrätin Die Mitte und Edith Saner, Präsidentin vaka anwesend. Als Befürworter:innen der Initiative waren Regula Lüthi, ehem. Direktorin Pflege MTT, ehem. Präsidentin Swiss Nurse Leaders und Mitglied des Initiativkomitees sowie Urs Schenker, Geschäftsführer Pflegeheim Sennhof anwesend. Kälin machte gleich zu Beginn klar, dass nicht nur in die Ausbildung, sondern auch in die Arbeitsbedingungen und in die Eigenverantwortung investiert werden muss, damit die Pflegenden nach der Ausbildung in ihrem Beruf bleiben. Deshalb sei ArbeitAargau der Ansicht, dass auch der indirekte Gegenvorschlag noch nicht genüge, denn er nehme sich zwar der Aus- und Weiterbildung an, lasse aber griffige Massnahmen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingung und damit die notwenigen Bemühungen, um den Pflegeberuf attraktiv zu machen, vermissen. „Deshalb tut die Pflegeinitiative Not. Denn die pflegebedürftigen Menschen haben gute Pflege verdient und die Pflegenden die Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit gut und auch gerne zu machen.“ Mit dieser Feststellung übergab Kälin das Wort an Noemi Lea Landolt, welche die Diskussion moderierte, leitete und mit den Podiumsteilnehmenden sogleich in die Materie eintauchte.
Schnell wurde klar, dass sie sich in einem Punkt einig sind: Zurzeit sind in der Schweiz rund 12‘000 Stellen in der Pflege unbesetzt und bis 2030 fehlen in der Schweiz weitere 70‘000 Pflegende. Der Pflegenotstand ist somit Realität und muss bekämpft werden. Bei der Frage, wie und mit welchen Massnahmen dies geschehen sollte, schieden sich dann jedoch die Geister: Humbel und Saner waren klar der Ansicht, dass der Gegenvorschlag mit der Ausbildungsoffensive und der Anerkennung eigenverantwortlicher Pflegeleistungen die wichtigsten Elemente der Initiative enthalte. Humbel betonte ausserdem, dass der Gegenvorschlag schneller in Kraft trete und somit rasch Wirkung entfalten könne. Saner warnte vor falschen Versprechungen, welche die Initiative mache. Weiter waren Humbel und Saner überzeugt, es sei weder am Bund noch an den Kantonen, die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal festzulegen. Lüthi und Schenker hingegen erklärten, dass die verbesserten Arbeitsbedingungen sowie die Pflegequalität und Patientensicherheit genauso wichtige Massnahmen seien, um dem Pflegenotstand nachhaltig entgegenwirken zu können. Schenker wies darauf hin, dass mit der Ausbildungsoffensive das Problem der Berufsaussteiger:innen nicht gelöst sei. Wenn weiterhin 40% den Beruf wieder frühzeitig verlassen, fehle es weiterhin an wichtigem Knowhow und erfahrenem Personal – was für eine Pflegeinstitution sowie für die Patienten fatale Folgen haben könne. Lüthi forderte ausserdem, dem Pflegepersonal endlich jene Wertschätzung entgegenzubringen, die es verdient hat. Pflegende leisten körperlich, geistig und emotional hochanspruchsvolle Arbeit und es sei an der Zeit, dies entsprechend zu würdigen.
Schliesslich erhielt das Publikum die Möglichkeit, den Podiumsteilnehmenden Fragen zu stellen. Die Wortmeldungen waren kritisch, zahlreich und die Diskussion hätte wohl noch Stunden weitergeführt werden können. Zum Schluss verabschiedete Irène Kälin alle Anwesenden und schloss die Veranstaltung, indem sie in Erinnerung rief: „Die Pflegeinitiative ist überfällig, denn es geht um Menschen. Es geht um unsere Eltern, Tanten und Grossväter und eines Tages wohl auch um uns selbst.“
Die politische Bewegung, welche 1971 zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts von Frauen führte, ist nicht abgeschlossen. Wir sollten an ihr anknüpfen und ihren Weg weiterverfolgen. Zusammen mit dem Team von Towerbus war ArbeitAargau unterwegs im Kanton und hat an symbolischen Standorten visuell auf die wichtigsten Missstände in Sachen Gleichstellung aufmerksam gemacht und unsere damit zusammenhängenden Forderungen gross an Gebäudefassaden projiziert, in der Hoffnung, dass sie gehört, gesehen und endlich umgesetzt werden.
Am 25. Oktober hat ArbeitAargau zur diesjährigen Jahresversammlung eingeladen. Die zahlreichen Delegierten wählten neue zwei neue Mitglieder in den Vorstand und verabschiedeten eine Resolution zur Personenfreizügigkeit. Zu den geladenen Gästen gehörte auch Daniel Lampart, Chefökonom vom SGB, der einen spanenden Vortrag zur STAF 17 und ihren Auswirkungen auf den Kanton Aargau hielt.
Insbesondere die aktuellen Verhandlungen zu einem Rahmenabkommen führten anschliessend an die Referate zu heissen Diskussionen. Ein abschliessendes gemeinsames Fazit der anwesenden Diskussionsteilnehmenden: Vasco Pedrina (ehemaliger Co-Präsident Unia Schweiz), Prof. Daniel Jositsch (Ständerat, Präsident KV Schweiz) und Peter A. Gehler (Vize-Präsident AIHK, Vorstand scienceindustries) konnte nicht gefunden werden. Durch den Abend leitete die Nationalrätin und Präsidentin von ArbeitAargau Irène Kälin.
Die Kommission Migration von ArbeitAargau wird das Thema weiter bearbeiten.