Medienmitteilung

Ein gefährlicher Angriff gegen den Rechtsstaat

Nach Ansicht von ArbeitAargau ist Sozialhilfemissbrauch selbstverständlich nicht tolerierbar und muss bekämpft werden. Die geplante Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine Observation im Sozialhilfebereich ist jedoch unnötig, verletzt das Polizeimonopol, führt zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit und ist einem Rechtsstaat nicht würdig.

Obwohl Sozialhilfemissbrauch selbstverständlich nicht tolerierbar ist und bekämpft werden muss, lehnt ArbeitAargau die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine Observation im Sozialhilfebereich im Kanton Aargau aus verschiedenen Gründen entschieden ab.

Mit dem Inkrafttreten von Art. 148a StGB kann Sozialhilfemissbrauch direkt durch die Strafverfolgungsbehörde geahndet werden. Das polizeiliche Ermittlungs- sowie das staatsanwaltliche Untersuchungsverfahren sehen schon heute Überwachungsmassnahmen vor, welche dazu geeignet sind, einen allfälligen Sozialhilfemissbrauch aufzudecken. Sollte nach Ausschöpfung der bereits vorhandenen Mittel zur Sachverhaltsabklärung bei einer Sozialbehörde nach wie vor ein Verdacht auf unrechtmässigen Sozialhilfebezug bestehen, ist die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörde ohnehin angezeigt. Es ist nicht ersichtlich, welche Lücke durch eine Observation durch die Sozialbehörde selbst geschlossen werden soll, bzw. welche Verdachtsfälle nicht bereits durch die Strafverfolgungsbehörden aufgegriffen werden können.

Die Tatsache, dass die Gemeinde gleichzeitig die beantragende, bewilligende und ausführende Instanz sein soll, öffnet einer willkürlichen Umsetzung Tür und Tor und ist einem Rechtsstaat nicht würdig. Es ist inakzeptabel, dass keine unabhängige Stelle vorgesehen ist, welche die notwendigen Voraussetzungen für eine Observation unter Anwendung einheitlicher Massstäbe prüft. Wann «konkrete Anhaltspunkte» vorliegen, liegt somit nur im Ermessen der einzelnen Gemeinden. Dies führt zu einer Vielzahl unterschiedlicher Praxen, was im Zusammenhang mit einem derartig gravierenden Grundrechtseingriff zusätzlich zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen wird.

Die Vornahme von Observationen durch die Gemeinden bzw. die Sozialbehörden selbst ist ausserdem systemwidrig und verletzt das Polizeimonopol. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Gemeinde Angestellte zu Sozialdetektiven ausbilden soll – während die Polizei und Staatsanwaltschaft bereits über entsprechend professionelles Personal verfügen – um im Ergebnis deren Aufgaben zu übernehmen. Mit einer zusätzlichen Observationsmöglichkeit werden somit einzig Doppelspurigkeiten, Koordinationskonflikte und somit ein unnötiger finanzieller Aufwand ohne Mehrwert riskiert.

Die Observation im Sozialhilfebereich liegt auch nicht im Sinne des Gesetzes. Die Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage stellt die Sozialhilfebeziehenden unter einen Generalverdacht, was unangebracht, respektlos und für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Sozialhilfebehörde und -bezüger:innen kontraproduktiv ist.

Mit den zusätzlich vorgeschlagenen Änderungen betreffend Inkassohilfe, Alimentenbevorschussung, Verwirkungsfristen, Unterbringung von Flüchtlingen in kantonalen Unterkünften und Elternschaftsbeihilfe zeigt sich ArbeitAargau jedoch einverstanden, weshalb auch begrüsst wird, dass die Änderungen in jeweils voneinander unabhängigen Gesetzesvorlagen erlassen werden sollen.

Zur Medienmitteilung als pdf


Dies könnte Sie auch interessieren: